Henning Janssen - Workshop 7


Doppelter Raum – Spiegelung und Wasser.

 

"Einige der häufigsten Fehler im räumlichen Zeichnen könnten mit einem einfachen Merksatz vermieden werden:  

>>Man kann nicht auf (horizontale) Flächen schauen, die über der Augenhöhe liegen,

und nicht unter (horizontale) Flächen die darunter liegen! … es sei denn, man hätte einen Spiegel.<<

 

Häufig werden Spiegelungen zur Erweiterung von Räumen strategisch eingesetzt. Der häufigste Spiegel in unserer Umgebung ist jedoch das faszinierende Element Wasser. Es reichen Pfützen nach einem Schauer, um Straßen und Gebäude kurzfristig doppelt so hoch erscheinen zu lassen - fast wie magische Löcher im Boden. 

Wasser tut dabei häufig ganz unerwartete Dinge. Es kräuselt und wellt sich, zeigt mal den Untergrund, mal die Umgebung und bricht die glatte Spiegelfläche.

 

Wie man mit diesen Eindrücken umgehen kann, betrachten wir am Eutiner See im Bereich der schönen historischen Badeanstalt und Segelverein. Es gibt Tipps zum perspektivischen Aufbau, und wir versuchen die Farbtöne des Wassers in Farben einzufangen (vorzugsweise in Aquarell)."





Unser Interview mit Henning Janssen:


Moin Henning, wenn mein Rechercheergebnis stimmt, unterrichtest Du Studenten im Bereich Comic / Computeranimation. Die richtigen Vokabeln dazu hab ich gerade nicht auf Lager, erzähl doch einfach mal selber: Was machst Du beruflich?

Nach dem Architekturstudium hab ich mich neben Illustrations-Aufträgen vor allem als Zeichendozent betätigt. Erst 7 Jahre in Holland an der TU Delft, wiederum für Architekten. Seit 2 1/2 Jahren bin ich nun in München an der privaten Mediadesign Hochschule mit einer Professur für Game Art, unterrichte da auch Studenten im Bereich Digital Film Design (von Animation bis Visual Effects).

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Bist Du ein strenger Lehrer?

Ganz, ganz fürchterlich streng! Hab in Holland Studenten schon den Mund mit Malerklebeband zugeklebt, bin über sie drüber gesprungen, werde hin und wieder sogar handgreiflich und biege sie in die Posen, die sie anatomisch zu zeichnen versuchen, andererseits lass ich mir auch meine Melone klauen. Also todernst!

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Bleistift oder Füller?

Kuli - je billischäh-je bessäh!

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Urban Sketching fällt dann ja naturgemäß in die Freizeitabteilung. Kennst Du denn trotzdem auch "Zeichenstress", wenn man möchte, das eine Zeichnung besonders gelingt oder bist Du immer recht entspannt bei der Sache?

Ja klar gibt´s den Stress nach wie vor. Und vor allem hinterher wenn man meint, fertig zu sein!

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Zeichnest Du eher alleine oder triffst Du Dich eher mit anderen Sketchern aus München?

Ich versuche, in München immer bei den USk Treffen zu sein und bin auch regelmäßig beim Drink & Draw, das zur Zeit sogar wöchentlich stattfindet (nur leider meist in Kneipen ohne Guinness). Da bleiben allerdings jeden Monat noch so 22 bis 25 Tage über, an denen man nicht in der Gruppe arbeitet, mal ganz abgesehen vom Zeichnen mit den Studenten.  

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Wie sieht Dein Equipment aus, was Du normalerweise bzw. zur Zeit immer mit nimmst?

Minimalausstattung sind schwarzer Kugelschreiber und Skizzenbuch, meistens quadratisch. Fast autistisch, wenn man ohne nicht aus dem Haus geht! Als Nächstes käme zunächst das Aquarellkästchen, dann erst Federmappe mit buntem Sammelsurium an Bunt-/Blei-/Wickel-/Filzstiften und Füllern, Wachs, Markern, Ink- & Aqua-Brush

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Der Eine oder Andere zeichnet ja auch gerne mal mit dem Tablett. Wird sich das durchsetzen? Was meinst Du?

Beim Urban Sketching draußen könnten Akku-Laufzeit, Helligkeit und Spiegelung der Umgebung hinderlich werden, aber generell ist die häufige Diskussion "Entweder-Oder" eher kindisch: Das Tablet ist ein schönes neues Medium. Man sollte nur wissen, wann und wofür man es einsetzt. Sehen, Verstehen, Motorik und Gestaltung sind neurale Prozesse die sich im Hirn des Zeichners abspielen, egal ob er mit analogen oder digitalen Wachsmalkreiden arbeitet. 

Habe ich das gerade gesagt?  

CTRL-Z !!!!

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Unsere letzte Frage: Die genauen Workshop-Themen stehen ja noch nicht ganz fest. Aber trotzdem, was können die Teilnehmer von Dir lernen, die per Los in Deinem Workshop landen?

Klingt vielleicht lapidar, aber: "Sehen!" Zu oft lassen wir uns in dem täuschen, was sich wirklich vor uns abspielt. Eines der größten Hindernisse für Zeichner liegt nicht in der Sensibilität unserer taktilen Instrumente ( =Hände), sondern in einer kategorisierenden Wahrnehmung, die im Kleinkind-Alter stecken geblieben ist, und uns daran hindert, uns bewusst zu werden, was wir eigentlich sehen. Wie "hübsch" eine Zeichnung wird, ist zweitrangig. Ob wir das, was wir gesehen haben, auch erfassen konnten, ist die wichtigste Frage. Dass diese Wahrnehmung hyperbolisch ist, wird viel zu häufig vernachlässigt, daher widme ich mich in Worshops gerne diesem Thema, was dann in Übungen zur Zylindrischen Projektion ausarten kann. 

Klingt zu kompliziert? Wird fälschlicherweise oft als "Fischauge" beschrieben. 

Abgesehen von der Wahrnehmung im optischen Sinn bietet uns "Sehen" auch ein intimes Band mit dem, was unsere Augen abtasten. Es kann schon mal esoterisch werden, wenn man mit seinen Gebäuden in einer Zeitkapsel versinkt, aber das ist eine Bewusstseins-Ebene, die man nicht lehren, wohl aber erfahren kann und die den meisten "Muggles" völlig entgeht. 

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Henning, vielen Dank fürs Interview. Wir sehen uns spätestens am 1.-3.9.2017 in Eutin

(Das Interview führte Kai M. Schluck)

 

Weitere Infos zu Henning Janssen findet Ihr im Internet:

http://henningjanssen.blogspot.de

http://www.henj.nl/